Samstag, 30. September 2017

Herbst oder Spätherbst

Aus dem Internet: Leichenblume, nackte Jungfer und Teufelswurz
Die Herbstzeitlose kann jedoch nicht nur töten, sondern auch heilen. Der Wirkstoff Colchicin wird bei Gichtbeschwerden eingesetzt und ist gut gegen Rheuma. Wegen der Giftigkeit der Pflanze wird von Selbstversuchen abgeraten. Bereits im Mittelalter wurden der Herbstzeitlosen heilende und giftige Kräfte zugeschrieben. Die Blume wurde früher mit der Hexe und Giftmischerin Medea von Kolchis in Verbindung gebracht, weswegen sie den lateinischen Gattungsnamen Colchicum bekam. Aus einem Tropfen ihres Zaubertranks, der auf die Erde fiel, spross die Herbstzeitlose.

Diese Pflanze sah ich bei meinen immer kürzer werdenden Wanderungen. Als wir heute unsere Sachen packten und uns auf die Rückreise machten, war mir doch recht weh ums Herz. Es war wieder schön, aber ich musste erfahren, was alles immer schlechter oder gar nicht mehr geht.  In eines der Wasserbecken schaffte ich es auch nicht mehr. Irgendwie ist da das  Altern im Zeitraffermodus oder immer wieder ein kleines Stückchen Sterben. So komme ich schneller in den Spätherbst des Lebens, als all die anderen topfiten Alten, die da im Hotel oder in der Fernsehwerbung herumspringen! Da hilft auch kein Colchicin, von Selbstversuchen wird abgeraten. Vielleicht wird es aber einmal - wie Methadon - als Krebsmittel entdeckt??
Es gab Zeiten, da haben wir Kranzbach stets mit einem neuen Termin verlassen. Ich habe nichts mehr gebucht und das tat schon weh. Auch wenn es diesmal noch gut gegangen ist, will ich nicht so tun, als wäre nichts. Die Krankheit schreitet unaufhaltsam voran und wir haben dabei ja schon eine gute Verlangsamung geschenkt bekommen!

Mittwoch, 27. September 2017

Fällt der Vorhang?

Wir sind gut im Kranzbach angekommen und beginnen uns einzuleben. Das vergangene Wochenende war schon ein bisschen viel für mich. Erst "Prostata-Donnerstag", am Samstag Vortrag im Krankenhaus, am Sonntag rechtzeitig zur Wahl, in München noch das Treffen, das sehr schön war, mich aber emotional stark berührt hat. Aber nun sind wir angekommen. Besonders gefreut hat mich, dass die Ärztin hier mein vierblättriges Kleeblatt, das ich beim letzten Aufenthalt hier gefunden und ihr geschenkt habe, gepresst und gerahmt hat. Sie kennt meinen Fall seit nun drei Jahren und es ist schon fast eine familiäre Atmosphäre hier, die z.B. auch darin besteht, dass sie meine Familie kennt und hinterfragt, wie es da weiter gehen könnte. Das ist ja auch immer so ein Problem, das mich belastet.
Ich versuche nun wirklich, meine Aktivitäten zurück zu schrauben. Jetzt habe ich endlich Zeit, mir die CD von Tobias anzuhören, die ich schon lange habe. So habe etwas über die Trennung von Seele und Psyche gelernt. Ist sehr interessant, gerade weil ich auch mit den Einflüssen der Schmerzmittel auf die Psyche zu kämpfen habe.
Nun freuen wir uns auf die verbleibenden Tage, auch wenn das Leben hier für mich ganz anders aussieht als früher - keine großen Wanderungen mehr, nicht einmal die 170 Höhenmeter habe ich gestern geschafft! Fällt der Vorhang für Kranzbach ??? Momentan bin ich in dieser Stimmung und hoffe, dass sich die dicke Wolke doch noch einmal verzieht. Vielleicht war auch die Einnahme der Tabletten heute nicht optimal.

Samstag, 23. September 2017

Noch keine Zeit, mich zur Ruhe setzen

Vergangene Woche war Krankenhaus-Termin. Mein behandelnder Arzt war nicht da und ich alleine bestimmte das Geschehen: Es geht einfach mit einer neuer Packung Xtandi und der bewährten Schmerzmedikation weiter! Wieder 4 Wochen gerettet? Ich wurde so mutig, dass ich sogar eine letzte Fahrt an die Nordsee plante. Es soll aber nicht "Die letzte Fahrt" werden, wie sie Santiano besingt! https://www.youtube.com/watch?v=9Thmvsb0hYE
Dann war noch Treffen der Selbsthilfegruppe. Viele kennen mich da schon und nehmen Anteil an meinem Verlauf. So wurde es ein interessanter Abend, für dem ich unserem Leiter danke. Heute ist "Krebstag" in meinem Krankenhaus (Bild rechts). Den Vortrag, der meinen Krebs betrifft, will auch meine Frau hören. Dann werden die Koffer für Kranzbach gepackt und auf dem Hinweg treffen wir auch noch einen Kollegen/Chef aus ganz alten Zeiten. Schon ein bisschen viel für einen Kranken? Aber spätestens 2018 mache ich keine Termine mehr, falls ich darüber überhaupt noch entscheiden kann.
Noch ein Tipp für ultimativ zerfallende Zähne: Falls sich so scharfe Kanten gebildet haben, dass sie in die Zunge schneiden - ein kleines Stück Schmirgelpapier wirkt da Wunder! Trotzdem bleibt mir ein Zahnarztbesuch demnächst wohl nicht erspart😒

Donnerstag, 14. September 2017

Das Glück wird löchrig

Gerne habe ich hier schon Kleeblätter gezeigt, die schöner waren, als dieses, das ich in unserem Garten gefunden habe. Dass ich überhaupt eines gefunden habe, spricht für den Zustand der Augen. Der Zustand des Blattes zeigt aber eher meinen Allgemeinzustand - aber hier wird nicht gejammert!
Zur Zeit habe ich keine Angst vor der Katze, die mit ihrem Opfer spielen will, nein, es umschleicht mich ein Kojote, wie wir ihn in Afrika gesehen habe. Er bringt Angst und will die Lebensfreude rauben. Um ihn von mir fernzuhalten, muss ich ihm immer ein Stück Morphin rüberschmeißen.
Zur Zeit ist er mit 10mg alle 6 Stunden zufrieden. Jetzt bekommt er alle 12 Stunden noch 50mg Pregabalin dazu und damit scheint er sehr zufrieden zu sein!
In einer Facebook Diskussion habe ich eine Empfehlung für Bücher von Michael de Ridder gefunden. Gleich bestellt und beim ersten Lesen in "Wie wollen wir sterben" in dem Kapitel "Fiasko der Schmerztherapie" eine gute Erklärung zum Morphin gefunden. Sie deckt sich weitgehend mit meinen Erfahrungen - ich muss keine Angst davor haben. Vielen Dank an meinen Onkologen, der mir diese Tabletten ohne große Debatte in ausreichender Menge verschreibt. So habe ich doch die Hoffnung, 2017 wie geplant noch gut zu Ende zu bringen!

Mittwoch, 13. September 2017

In der SZ vom 12.9.2017 auf der Seite Wissen / Ausschnitte aus dem Artikel

Wucherungen  

Krebsmedikamente werden immer teurer, pro Jahr und Patient kosten die Therapien bis zu 100 000 Euro. Forschung und Entwicklung für die neuen Medikamente gegen Tumore rechtfertigen die enormen Preise nicht

... Das Geheimtreffen fand hinter dicken Schlossmauern statt. Politiker, Chefärzte, Krankenkassenvorstände, Klinikbetreiber und Pharmabosse hatten sich zu einer Art Krisensitzung zusammengefunden. Stillschweigen wurde vereinbart, man wollte unbelastet von Verbandsinteressen reden. Es ging um die galoppierende Preisentwicklung im Gesundheitswesen – und alle waren sich einig: Es sei illusorisch, dass weiterhin jede Behandlung für jeden bezahlt werden könne. Rationierung und Priorisierung in der Medizin wären unvermeidlich, auch wenn sich kaum jemand traue, diese tabuisierten Begriffe offen auszusprechen ...

Der Nutzen der neuen Mittel ist oft marginal – bei zugleich massiven Nebenwirkungen
So standen bei dem Krebsmittel Ibrutinib, das unter dem Handelsnamen Imbruvica seit 2014 gegen die Chronisch Lymphatische Leukämie auf dem Markt ist, Entwicklungskosten von unter 300 Millionen Dollar Einkünfte in fast 80-facher Höhe (22,275 Milliarden Dollar) gegenüber. Die
Kosten für die Behandlung eines Patienten liegen in Deutschland bei 96 000 Euro pro Jahr. Ähnlich das Verhältnis bei Enzalutamid (Xtandi), das seit 2013 gegen metastasierten Prostatakrebs zugelassen ist und dem Hersteller bisher mehr als 20 Milliarden Dollar eingespielt hat. Die jährlichen Therapiekosten für einen Patienten belaufen sich auf gut 60 000 Euro ...

Der letzten Aussage muss ich entschieden widersprechen:
a) Da wurde falsch gerechnet, 4 Wochen kosten 3.600 und das gibt im Jahr 46.800. Wenn ich die "Knochenspritze" XGEVA mit 6500 pro Jahr noch dazu rechne bin ich aber schon bei 53.300 €.

b) Nachdem auch die Chemo mit großen Schmerzen zu Ende gegangen war, half mir Xtandi seit drei Monaten sehr gut. Ich empfand es fast wie eine Wiederauflage der ersten großen Hormontherapie. Ich glaube, wenn die Kasse das nicht zahlen würde, würden meine Frau und ich das Geld zusammenkratzen, um das selbst zu bezahlen.
So danke ich aber der Solidargemeinschaft meiner Krankenkasse und ich persönlich habe noch nie etwas von einer "Zwei-Klassen-Behandlung" bemerkt.
Ich finde es schon gut, wenn man sich ab und zu die Kosten bewusst macht und sich verantwortlich fühlt, aus dieser geschenkten Lebenszeit auch etwas vernünftiges zu machen!

Montag, 11. September 2017

Berührt

Dieses Bild habe ich auf der Rückseite des aktuellen Don Bosco Magazins gefunden:
http://www.donbosco-magazin.de/
Das Bild gefällt mir, weil ich mich meist durchaus in der Rolle dieses Menschen fühle, der da auf das Meer hinausschaut, aber offensichtlich weiß, was ihn erwartet.

Auch wenn sich an der Besetzung der Don Bosco Gemeinde hier einiges geändert hat, ist sie doch immer ein wichtiger Pol für religiöse Gedanken.

Ein ganz terminfreie Woche liegt vor mir. Ich kann das Rad langsam drehen und finde vielleicht doch Zeiten, wo ich es mal verlasse und einfach nur "chille", wie man heutzutage sagt.

Samstag, 9. September 2017

Raus aus dem Hamsterrad

Liebe Leser, schon oft habe ich versucht, meinen Zustand zu beschreiben. Viele Bilder habe ich hier bemüht, das fing an mit der Burg, die angegriffen wird und zum Schluss helfen die Ritter Zytiga , Xtandi usw.
Dann war das Bild von der Katze, die mit ihrer Beute spielt, und das kleine Boot, welches bei hohem Seegang in Wellenberge und - täler fällt. Heute geht mir das Bild vom Hamsternd durch den Kopf. Tatsächlich hatten wir in meiner Kindheit einmal solch ein Tier. Gerade abends drehte es unermüdlich seine Runden. Heute wird das Bild gerne für Leute im Stress verwendet und wenn es zuviel wird, heißt es:
                                                               Zur Ruhe kommen

Bei https://proskyneo.org/2016/05/raus-aus-dem-hamsterrad/ habe ich gefunden:

Wer kennt es nicht: das Gefühl, in einem Hamsterrad zu laufen. Das Leben wird bestimmt von Anforderungen, Umständen, Sorgen, Arbeit usw. So laufen wir los und das Rad dreht immer schneller. Wir funktionieren einfach. Sehnen uns nach dem Ausstieg und schaffen ihn doch nicht.
Weil ich das ganze Leben lang immer aktiv war, kann auch ich trotz Krankheit das Rad nicht so einfach verlassen! Immer geht es im Kopf herum, was gibt es noch zu tun? Auch wenn mir immer wieder Hilfe angeboten wird freue ich mich, wenn ich es selbst drehen kann, wenn ich etwas geschafft habe. Entscheidend erscheinen mir die Lager des Rades. Sie knirschen und quietschen immer öfter und dann wird es mühsam. Ich muss immer höher steigen, um das Rad wieder in Bewegung zu halten. Meine Ärzte haben mir ja Mittel gegeben, um die Lager zu pflegen. Da hilft z.B. eine Portion Morphin und es läuft wieder. Ich darf das Lager nicht erst schmieren, wenn es knirscht und quietscht. Das macht man bei Motoren ja auch nicht. Also rechtzeitig Morphin, oder was ich sonst noch habe, dann könnte es noch eine Weile laufen. Und, nicht zu viel vornehmen! Trotzdem habe ich Kranzbach gebucht und plane sogar doch noch eine Fahrt an die Nordsee, um dort das mit dem Haus in Ordnung zu bringen. Aber dann hoffe ich, dass das Rad wirklich zur Ruhe kommt ... (2018 ???).

Donnerstag, 7. September 2017

Kopf-Gedenktag

Ein Jahr ist es nun her, dass meine linke Kopfhälfte eine beständige Schädigung erfuhr. Sie ist schwer zu beschreiben, muss aber mit Knochenmetastasen zu tun haben, die Nerven einklemmen. Die einzige Therapiemöglichkeit Bestrahlung half nichts:
http://letztabent.blogspot.de/2016/09/aufsattigungsbestrahlung.html
Ich kenne keinen Fall, wo so etwas nach dem Wechsel von Chemo auf Zytiga passierte. Das hochgelobte Zytiga half bei mir ehedem nicht so viel und ich musste es zu Beginn dieses Jahres unter sehr großen Schmerzen absetzen..
Vom Karnofsky Index her sage ich, dass mich der Kopf  etwa 15% kostet. Auch das neue Medikament Pregabalin, das ich nun zusätzlich zum Morphin habe, hilft (noch?) nichts. Da bleibt nur, dankbar zu sein, dass heute unter Xtandi die Lage immer noch stabil ist, denn es könnte alles noch viel schlimmer sein.
Beispiel: Von unserer Zweitwohnung aus sah ich heute wieder die leeren Fenster, wo unsere Nachbarin wohnte, bei der vor zwei Jahren Darmkrebs gefunden wurde und die nach etwa einem halben Jahr Krankenhaus starb.
Habe vor dem Schlafengehen noch ein schönes Lied entdeckt:
https://www.youtube.com/watch?v=b2V25xGYJro
Es zeigt uns Patienten einmal die andere Seite, nämlich was die erleben, die wir zurücklassen. Aber, andererseits, wenn keiner um uns trauern würde, wäre doch auch ein schlechtes Zeichen - oder?

Jetzt ist die Zeit, jetzt ist die Stunde

Wieder ein Tag, mit kaputtem Kopf aufgewacht, keine Lust auf nichts, was soll das Ganze noch?
Da ist mir ein Lied eingefallen, das in unserer Kirche gerne gesungen wird. Die Melodie hat die Qualität zum Ohrwurm:
https://www.youtube.com/watch?v=MyhfVhGW8Hg
Refrain:
Jetzt ist die Zeit, jetzt ist die Stunde,
Heute wird getan oder auch vertan, worauf es an kommt, wenn er kommt.
1. Strophe:
Der Herr wird nicht fragen: Was hast Du gespart, was hast Du alles besessen?
Seine Frage wird lauten: Was hast Du geschenkt, wen hast Du geschützt um meinetwillen?
2. Strophe:
Der Herr wird nicht fragen: Was hast Du gewusst, was hast Du gescheites gelernt?
Seine Frage wird lauten: Was hast Du bedacht, wem hast Du genützt um meinetwillen?
3. Strophe:
Der Herr wird nicht fragen: Was hast Du bereist, was hast Du dir leisten können?
Seine Frage wird lauten: Was hast Du gewagt, wen hast Du befreit um meinetwillen?

Also mit diesem Lied im Ohr versuche ich auch aus diesem Tag - ein Geschenk - das Beste zu machen!

Sonntag, 3. September 2017

Ab in die Röhre

Am Donnerstag hat mich unsere Zeitung gleich mit der Röhre begrüßt, die ich seit der Diagnose schon oft erlebt habe. Ich höre schon die Befehle aus dem Off: "tief einatmen", "Luft anhalten", "weiteratmen". Abgesehen davon geht es aber im Vergleich zum MRT hier  leise zu. Vor einiger Zeit wurde die Röhre bei meinem Strahlentherapeuten ausgetauscht und sie heißt nun:
           
             SIEMENS SENSATION
Als alter Siemensianer fühlt man sich da gleich zu Hause und freut sich besonders, wenn keine sensationellen Veränderungen im Vergleich zum letzten Staging erkannt werden.
Aus diesem Grund habe ich - ehrlich gesagt - keine große Lust auf, sondern eher Angst vor weiteren Untersuchungen und Behandlungen in unserer riesigen Uniklinik, falls es Ernst wird mit der Nuklearmedizin
Aber, es zählt hier nicht meine Lust, was sein muss und sinnvoll ist, muss sein. Das bin ich meiner Familie schuldig.
Doch die Stimmung, gerade im Therapieraum unserer onkologischen Ambulanz, würde ich sehr vermissen und daher hoffe ich, dass ich noch möglichst lange hier meine medizinische Heimat haben darf.